Als Gesellschaft haben wir ein Interesse daran, dass Gewalttaten geahndet und Straftä- ter und -täterinnen verurteilt werden, damit insgesamt weniger Menschen Opfer von Gewalt werden. Die Zahl der angezeigten Delikte und der Verurteilungen ist jedoch insbesondere im Bereich der häuslichen Gewalt und der Sexualdelikte sehr tief, nicht zuletzt deshalb, weil die Opfer in vielen Fällen auf eine Strafanzeige verzichten. Auf- grund von Schätzungen muss davon ausgegangen werden, dass in der Schweiz weni- ger als 20% der Opfer sexueller Gewalt Anzeige erstatten.
Eigentlich wäre es im Interesse der Gesellschaft, wenn die Anzeigequote höher wäre. Die Erfahrung zeigt aber gleichzeitig, dass eine Anzeige für Opfer sehr belastend und in manchen Fällen sogar retraumatisierend wirken kann.
Dieses Symposium richtet sich an Psychotherapeutinnen & Psychotherapeuten, Ärztin- nen & Ärzte, Richterinnen & Richter, Mitarbeitende der Polizei, der Strafuntersuchungs- behörden und des Justizvollzugs, Rechtsanwältinnen & Rechtsanwälte, Mitarbeitende der Jugendhilfe sowie Sozialarbeiterinnen & Sozialarbeiter, Pflegefachleute, Beratungs- stellen und Frauenhäuser. Ziel ist die interdisziplinäre Auseinandersetzung zur Frage, die sich viele Opfer stellen: sollen sie anzeigen oder schweigen?
- Datum: 27. Januar 2014, 14.15 – 18.15 Uhr
- Ort: Aula der Universität Bern, Hauptgebäude, Hochschulstrasse 4, 3012 Bern
- Tagungsbeitrag: CHF 80.- (bar vor Ort)
- Mitglieder ESTD: CHF 30.- (bar vor Ort)
- Anreise mit dem öffentlichen Verkehr: Hauptbahnhof Bern. Das Hauptgebäude der Universität Bern liegt über dem Hauptbahnhof (zu Fuss oder mit Lift erreichbar).
- Anreise mit dem Auto: Im Bahnhofparking Bern AG Anmeldungen an: estd-anmeldungen@sollievo.net
14.15 Eröffnung des Symposiums
- Begrüssung durch Bundesamt für Polizei fedpol, Bundeskriminalpolizei
- Offen
- Begrüssung durch ESTD
Eva Zimmermann, lic. phil., Fachpsychologin für Psychotherapie FSP, Boardmember und President-elect ESTD, Fribourg (Link)
14:30 Häusliche Gewalt: eine transdisziplinäre Herausforderung
- Häusliche Gewalt in der Schweiz
- Tätertypologien, Opferverhalten und Dynamik bei häuslicher Ge- walt
- Differenzieren von Beziehungskonstellationen und Kontexten
- Empfehlungen für wirksame, deeskalierende Interventionen und
- Massnahmen
Franziska Greber, Psychotherapeutin ASP, Coach, Supervisorin und Organisationsberaterin BSO in eigener Praxis; eh. Co-Leiterin IST Inter- ventionsstelle gegen Häusliche Gewalt des Kantons Zürich (www.ist.zh.ch)
15:00 Pädokriminalität: Herausforderungen für Therapie, Beratung, Poli- zei und Justiz
- Pädokriminalität weltweit: sexueller Kindesmissbrauch, Kinder- handel, Kinderprostitution und Kinderpornographie
- Pädokriminalität im Internet
- Strategien gegen Kinderpornographie, Kinderhandel und Kinder-prostitution in EuropaEmpfehlungen für Therapie, Beratung, Poli- zei und Justiz
Prof. Adolf Gallwitz, Professor für Psychologie und Soziologie, Dipl. Psy- chologe Prodekan Fakultät IV, Hochschule für Polizei, Villingen- Schwenningen, BRD. (Link)
15:30 Pause
16:00 Für und Wider eine Anzeige – aus Sicht von Beratung und Psycho- therapie
- Weshalb es Opfern oft schwer fällt, Anzeige zu erstatten.
- Täterloyalität und Stockholm-Syndrom, Scham & Dissoziation
- Konkrete Gefahren und Schwierigkeiten, wenn Betroffene Hilfe anfordern
- Für Therapeuten: Empfehlungen für Opfer, die eine Anzeige in betracht ziehen.
- Für Polizei und Justiz: Empfehlungen für die Ersteinvernahmedurch die Polizei
Jacqueline Schmid, Lic. phil., Fachpsychologin für Psychotherapie FSP, Zürich. Link
16:30 Für und Wider eine Anzeige – aus Sicht der Polizei und mit Blick auf die Justiz
Wenn Opfer Anzeige erstatten wollen:
- Konkretes Vorgehen bei polizeilichen Ermittlungen
- AussageverhaltengewaltbetroffenerPersonenbeihäuslicher und sexueller Gewalt
- Grundbedingungen,damiteineAnzeigeerfolgversprechend sein kann.
- Glaubwürdigkeitsfragen:Schutzvorfalschen Anschuldigungen
- Für Therapeuten: Empfehlungen für Opfer, die eine Anzeige in betracht ziehen.
- Für Polizei und Justiz: Empfehlungen für die Ersteinvernahme durch die Polizei sowie darauffolgende Ermittlungen.
Peter Rüegger, Dr. jur., Chef Kommissariat Ermittlungen der Stadtpoli- zei Zürich
17.00 Pause
17.15 Anzeigen oder Schweigen?: Zusammenfassung, Diskussion und Implikationen für den Alltag anhand von drei fiktiven Fällen.
- ZusammenfassungausdenReferatendesNachmittags.
-
Einblick in bisherige Zusammenarbeitsprojekte Psychotherapie – Justiz in der Schweiz und deren Grenzen.
-
WederAnzeigennochSchweigen:OpferalsZeuginnen und Informationsvermittlerinnen im Rahmen von polizeilichen Abklärungen.
-
KonkreteEmpfehlungenfürFachleuteausTherapie,Beratung, Polizei und Justiz anhand von drei fiktiven Fällen.
Jan Gysi, Dr. med., FMH Psychiatrie und Psychotherapie, Bern (Link) in Zusammenarbeit mit den Referinnen und Referenten
In Zusammenarbeit mit:
Angefragt: Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement EJPD, Bundesamt für Po- lizei fedpol, Bundeskriminalpolizei, Kommissariat Pädokriminalität, Pornografie (PP)